Immer mehr Gülle aus Megaställen landet auf den Feldern – und damit im Grundwasser.
Schützen Sie unser Trinkwasser: Die Agrarindustrie darf nicht immer mehr Gülle auf unsere Felder kippen. Diese landet sonst als gesundheitsgefährdendes Nitrat im Grundwasser.
Sorgen Sie mit der Düngeverordnung dafür, dass die Nitrat-Belastung deutlich sinkt. Die gesamte Nährstoffbilanz eines Agrarbetriebs gehört lückenlos erfasst. Pro Hektar und Jahr dürfen höchstens 170
Kilogramm Stickstoff ausgebracht werden. Dies muss streng kontrolliert und bei Verstoß geahndet werden. Neue Tierfabriken dürfen nicht genehmigt werden und die Anzahl der Tiere, die ein Betrieb
halten darf, muss an die Fläche seines Acker- und Grünlands gekoppelt sein.
In Deutschland wird 70 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen. Dabei lässt sich Nitrat nur unter großem Aufwand und hohen Kosten aus dem Grundwasser filtern. Noch behelfen sich die Wasserwerke damit, stark nitrathaltiges Wasser mit weniger belastetem Wasser zu vermischen und so den Schnitt zu senken. Andere bohren immer tiefere Brunnen. Doch beides ist langfristig keine Lösung. Wenn die Politik nicht handelt, landet über kurz oder lang zu viel Nitrat im Trinkwasser.
Nitrat im Trinkwasser schädigt unsere Gesundheit.
Bei Säuglingen wird Nitrat im Magen in giftiges Nitrit umgewandelt, das den Sauerstoffgehalt im Blut senkt und zu einer lebensgefährlichen Blausucht führen kann. Aber auch Erwachsene sind betroffen. Im Magen verbinden sich Nitrite mit Aminen zu Nitrosaminen. Diese können schon in winzigen Mengen Krebs erzeugen.
Landwirte bringen mineralischen Dünger und Wirtschaftsdünger (Gülle und Mist) auf ihre Felder aus, um die Ernte zu steigern. Doch seit einiger Zeit gilt die Devise „Je mehr, desto besser“ nicht mehr. Denn wenn zu viel Stickstoff im Boden landet, wird er als Nitrat in tiefere Bodenschichten ausgewaschen und landet irgendwann im Grundwasser. Nitrat im Grundwasser ist daher eine Folge der Gülleschwemme auf den Feldern.
Doch warum bringen die Landwirte dann nicht weniger Stickstoff auf die Felder? Der Grund ist einfach: Der Boom der industriellen Tierhaltung. Tierfabriken und Megaställe sind auf dem Vormarsch. Pro Jahr fristen in Deutschland 750 Millionen Tiere ihr Dasein in der Massentierhaltung. Tendenz steigend. Die Agrarindustrie will beispielsweise die Stallplätze für Masthühner in den nächsten Jahren um 60 Prozent erweitern. Ähnlich sieht es in der Schweinehaltung aus. Megaställe mit mehreren zehntausend Tieren sind keine Seltenheit mehr. Deren Exkremente wollen entsorgt werden. Die Agrarindustrie kippt die Gülle auf die Felder – und was die Pflanzen nicht aufnehmen können, geht größtenteils ins Grundwasser.
Die Energieerzeugung durch Biomasse verstärkt das Problem. Die Gärreste aus den Biogasanlagen müssen nach geltendem Düngerecht nicht vollständig angegeben werden. Die Folge: Die Überschüsse an Gülle werden teils als Biogas-Gärreste getarnt auf den Äckern verklappt. Die Anzahl der Anlagen hat sich in den vergangenen 10 Jahren vervierfacht. Auch dies trägt zu der Nitratschwemme im Boden bei.
Die Agrarindustrie klagt bereits jetzt über steigende Kosten. Sie behauptet: Wenn die zulässige Stickstoff-Menge pro Hektar begrenzt wird, müsste mehr Gülle in andere Regionen exportiert werden - was nebenbei den Verkehr weiter verstärkt. Oder die Bodenpreise steigen, weil jede Tierfabrik mehr Fläche braucht, um ihren Müll abzuladen. Damit zeigt das Thema Überdüngung: Die industrielle Tierproduktion, die billiges Fleisch auf Kosten von Tier und Umwelt produziert, ist nicht nachhaltig. Das Problem lässt sich nur lösen, wenn wir das Wachstum der Megaställe bremsen und umkehren.
Dafür bietet die derzeit verhandelte Düngeverordnung einen guten Hebel. Während die Politik die Agrarindustrie sonst einfach gewähren lässt, steht sie hier unter Druck, tatsächlich etwas zu ändern. Unsere Chance, um den Tierfabriken den Hahn abzudrehen.
Bislang scheut die Bundesregierung den Konflikt mit der Agrarindustrie. Erst als die EU-Kommission wiederholt mahnte und mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof drohte, kam Bewegung in die Sache. Lange versuchte die Regierung, mit der Kommission einen Weg auszuhandeln, wie die Dünge-Regeln möglichst wenig verschärft werden könnten, ohne eine Klage zu riskieren. Jetzt hat das Bundeslandwirtschaftsministerium einen Vorschlag für eine neue Düngeverordnung vorgelegt.
Und dieser Entwurf löst das Problem nicht:
Dieser Entwurf für eine neue Düngeverordnung ist schlicht unzureichend.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen fordert schärfere Regeln für die Düngung.
Bei der letzten Reform der Düngeverordnung im Jahr 2006 wurden die Regeln für das Ausbringen von Gülle massiv abgeschwächt. Profitiert haben die großen Agrarkonzerne. Unter anderem wurde die so genannte „Hoftorbilanz“ abgeschafft.
Außerdem werden Verstöße seitdem nicht mehr bestraft. Beides müsste zunächst rückgängig gemacht werden.
Bei der Hoftorbilanz geht es darum, dass alle Nährstoffzugänge und Abgänge eines Betriebes erfasst werden. So kann ein/e Landwirt/in selbst viel einfacher kontrollieren, wie es um die Stickstoffbilanz bestellt ist. Seit ihrer Abschaffung gilt die Feld-Stall-Bilanz. Dabei bleibt aber einiges außen vor, etwa der Stickstoff, der über die Luft entweicht. Daher muss in einem ersten Schritt die Hoftorbilanz wieder eingeführt werden.
Dann muss sichergestellt werden, dass die absolute Obergrenze von 170 Kilogramm Stickstoffdüngung, die pro Hektar und Jahr erlaubt sind, auch wirklich alle in der Hoftorbilanz erfassten Stickstoffquellen reguliert. Dazu gehören dann Gülle, Jauche, Mist, Biogassubstrat, Kompost, Lufteinträge und mineralischer Dünger. Außerdem muss die Aufbringung von Dünger im Winter für mindestens 4 Monate verboten sein. Zu dieser Zeit nimmt der Boden den Stickstoff viel schlechter auf.
Schließlich helfen all diese Regeln aber nicht, wenn ihre Einhaltung nicht kontrolliert werden. Verstöße müssen daher überprüft und als Ordnungs-widrigkeiten geahndet werden.
Über die Düngeverordnung hinaus braucht es weitere Maßnahmen:
Es dürfen keine neuen Tiefabriken genehmigt werden und die Anzahl der Tiere, die ein Betrieb halten darf, muss an die Fläche seines Grün- und Ackerlandes gekoppelt sein.